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Wolle

Wie ehrlich und fair ist Wolle wirklich?

Eine Frage die sich so wahrscheinlich nicht gleich jeder von uns stellt, da wir bestimmte Bilder dazu abgespeichert haben … denken wir an Wolle, denken wir an eine kleine Schafherde- Schafe die auf einer Weide genüsslich grasen, … tja, eine ganz normale Vorstellung, aber entspricht diese, tatsächlich der Realität?

Das Material Wolle, wirkt aus der Ferne betrachtet, wie ein Paradebeispiel an Nachhaltigkeit. Doch entspricht diese idyllische Vorstellung wirklich der Realität?

Dieser Frage gehe ich im folgenden Blogbeitrag nach.

Bereits seit vielen Jahrtausenden wird Wolle vom Menschen zur Bekleidungsherstellung genutzt. Ob ein kuscheliger Pullover, wärmende Pantoffel, oder auch Sneaker … die Wolle ist angesagter denn je und immer mehr Hersteller wollen sich die vielfältigen und beinahe einzigartigen Eigenschaften der Wolle zunutze machen.

Die Wollindustrie

Schafwolle zu Kleidung zu verarbeiten hat, wie bereits erwähnt, eine lange Tradition. Seit mehr als 10.000 Jahren verarbeitet der Mensch, Wolle zu wärmender Kleidung. Wolle war zur damaligen Zeit ein sehr kostspieliges Material welches sich nur sehr wohlhabende Menschen leisten konnten.

Im Vergleich, heutzutage werden jährlich über 2 Mio. Tonnen Wolle produziert. 

Der Großteil der Wolle stammt von Schafen – genauer gesagt, dem Vlies der Schafe (bspw. Merinowolle).

Aber auch von anderen Tieren wie Ziegen (Kaschmir), Alpakas, Kaninchen, Kamelen oder Yaks wird Wolle gewonnen.
Die zuletzt genannten zählen zu der Gruppe der Edelhaare. Dementsprechend hoch ist der Preis bspw. für einen Kaschmirpullover.

Weltweit sind Neuseeland und Australien, die Länder, die am meisten Wolle produzieren. Somit nehmen die beiden Länder auch die Position der größten Wolllieferanten für die Textilindustrie ein. Setzt man die Zahlen ins Verhältnis bedeutet das bspw. auf 1.000 Neuseeländer kommen 10.433 Schafe und im Vergleich auf 1000 Australier kommen 5.536 Schafe – also wie man anhand der Zahlen sieht – eine ganze Menge.

Schafe sind für Australien und Neuseeland die perfekten Weidetiere. Sie sind sehr genügsam und in ihrer Haltung eher einfach. Sie brauchen kaum Pflege, laufen auf den großen Weiden herum und auch die Witterungsverhältnisse, ob große Hitze oder große Kälte, können sie gut ertragen.

Und genau dieser zuletzt erwähnte Punkt bringt mich zu den Eigenschaften der Wolle und weshalb wir sie so lieben:

  • je nach Außentemperatur wärmt Wolle den Körper bei Kälte oder kühlt ihn bei Hitze
  • Wolle ist atmungsaktiv und kann Feuchtigkeit aufnehmen – anders ausgedrückt heißt das, dass Wolle bis zu einem Drittel ihres Trockengewichtes an Wasser aufnehmen kann (ideal für Sportbekleidung)
  • Wolle kann Körperwärme speichern
  • knittert wenig
  • kann gut gelüftet werden – am besten bspw. den Pullover draußen Wolle nimmt kaum Schmutz auf aufgrund des sogenannten Wollfetts (Wollwachs Lanolin) ist die Wolle Wasser- und Schmutzabweisend
  • Ist schwer entflammbar
  • und ist farbbeständig

Aber hat Wolle ihr grünes Image verdient?

Liest man dazu verschiedenste Beiträge, muss man sich diese Frage tatsächlich stellen!

Kurz zu den Fakten:
Eine Schur findet einmal pro Jahr im Frühjahr statt. Man muss jedoch dazu sagen, dass Schafe nicht dazu geschaffen wurden uns regelmäßig Wolle zu „liefern“. Früher wurde Wolle während ihres natürlichen Wollwechsel gewonnen und ausgekämmt. Das Züchten zum Erzielen eines ständigen Vlieswachstums begann erst nach der Erfindung der Schermesser. Sobald wirtschaftliche Aspekte (Profit) und Tiere aufeinandertreffen – muss man sich die Frage stellen – wie lässt sich dies mit dem Tierwohl vereinbaren … wie uns die Realität zeigt … nicht, bzw. nur kaum – man muss dann schon ganz genau hinsehen.
Zeit ist Geld!
Ein Schaf kann pro Schur ungefähr 3-5 kg Wolle liefern, dies hängt allerdings von der Rasse als auch der Größe ab – dies wäre normal.
Bei hochgezüchteten Schafen sieht dies jedoch schon wieder ganz anders aus – es können sogar bis zu 10 kg Wolle sein – das heißt der Wollanteil kann sich sogar verdoppeln!
So weit, so gut.
Einen Könner seines Faches erkennt man anhand der Schur. Ein guter Scherer schafft es die Wolle in einem Stück abzuscheren.
Oftmals stehen sie aber unter sehr großen Zeitdruck (nochmals – so tickt unsere Welt: Zeit ist GELD!) – denn das Fell der Schafe wächst durch die Überzüchtung oftmals so dick, dass den Scherer nur wenig Zeit zur Schur der gesamten Herde bleibt.
Dies führt dazu, dass die Scherer sehr unvorsichtig werden und kaum auf das einzelne Schaf achten. Durch die schnelle, oftmals gewalttätige Schur, kommt es bei den Schafen nicht selten zu Verletzungen und Schnittwunden, welche wenn überhaupt dann nur notdürftig und ohne Schmerzmittel, behandelt werden!
Grund dafür:  Scherer werden nach geschorener Wolle und nicht nach Stunden bezahlt!

Hinzu kommt eine Traumatisierung, da Schafe Beutetiere sind. Was bedeutet, dass Schafe in Panik verfallen, wenn man sie zur Schur fixiert.
Ich verschone euch von grausamen Bildern oder Videos, möchte sich jedoch jemand selbst davon überzeugen, schaut auf die Seite von peta.

Ein weiteres unschönes Thema kann bei Wolle und Schaf nicht unerwähnt bleiben – das MULESING

Nahezu die Hälfte der weltweit verkauften Merinowolle stammt aus Australien. Da das Fell der Merinoschafe besonders kuschelig und weich ist, wurden diese Schafe für die Wollproduktion hochgezüchtet. Merinoschafe haben sehr viel Haut auf der Wolle wachsen kann, somit auch sehr viele Hautfalten. Zwischen den Hautlappen im Bereich des Schwanzes nisten sich jedoch häufig Parasiten, wie Fliegenmaden, ein.  Die geschlüpften Larven ernähren sich dann vom Fleisch der Schafe.  Deshalb wird von den australischen Farmern das Mulesing praktiziert.
Beim Mulesing, werden diese Hautlappen auf grausamste Weise entfernt. Die Lämmer werden am rückenliegend fixiert. Dann wird ihnen ohne Narkose der Schwanz und an den Beinen rund um den Schwanz Fleischstreifen ab- bzw. herausgeschnitten. Denn auf einer glatten vernarbten Hautoberfläche legen Fliegen keine Eier ab.
Obwohl nach dieser qualvollen Methode viele Tiere an Entzündungen sterben, „rechnet“ es sich laut dem australischem Schafzüchterverband trotzdem.

Wären die Schafe nicht so überzüchtet, müsste man das Problem auch nicht wieder beseitigen, aber der Mensch neigt ja bekanntlich dazu immer mehr haben zu wollen … die unstillbare Gier.

Erfreuliches gibt es immerhin aus Neuseeland zu berichten. Dort trat mit 1. Oktober 2018 ein Mulesing Verbot in Kraft!
Auch unter Narkose darf hier per Gesetz kein Schaf mehr durch Mulesing verstümmelt werden.

Das heißt wer sicher gehen möchte, dass er mulesing-freie Merinowolle kauft, muss daher auf das Herkunftsland achten!

Aber dem Leid der Schafe nicht genug. Haben sie als „Wolllieferanten“ ausgedient, wartet der Schlachthof auf sie.  Dieser liegt aber meist nicht nebenan, sondern auf anderen Kontinenten.

Dies wiederum bedeutet für die Schafe einen wochenlangen qualvollen Transport. Von Australien aus werden jedes Jahr Millionen von „ausgedienten“ Schafen in den Nahen Osten oder Nordafrika verfrachtet. Sterben sie nicht während der Überfahrt, finden sie ihren bestialischen Tod in der Schächtung – dem Schlachten ohne Narkose.

Und so wie die australischen Farmer über die Jahre festgestellt haben – lohnt sich dieses Geschäft

Die billige und massenhafte Produktion rechnet sich gleich doppelt. Zuerst verdienen die Farmer an der Gewinnung der Wolle und danach nochmals durch den Verkauf des Fleisches. Zusätzlichen Verdienst bringt der Verkauf des Lanolins an die Kosmetikindustrie!

Und zum Schluss – auch das Lammfell im Kinderwagen – wurde den Lämmern nicht freundlich und friedlich abgezogen, NEIN – auch dafür mussten viele Lämmer (Baby-Schafe) ihr Leben lassen!

Das heißt möchten wir eine Trendwende einläuten, müssen wir unsere Einkaufsentscheidungen überdenken.

Deshalb möchte ich euren Blick auf die Biobaumwolle lenken, denn es gibt ganz viele tolle Produkte aus Biobaumwolle, welche in keinster Weise der Schafwolle hinten anstehen. 

Quellen:

www.woolfit.de
www.ethikguide.org
www.peta.de
www.greenality.de

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